Das Brasilien des Friedrich Merz

„Meine Damen und Herren, wir leben in einem der schönsten Länder der Welt. Ich habe einige Journalisten, die mit mir in Brasilien waren, letzte Woche gefragt: Wer von euch würde denn gerne hierbleiben? Da hat keiner die Hand gehoben. Die waren alle froh, dass wir vor allem Dingen von diesem Ort, an dem wir da waren, in der Nacht von Freitag auf Samstag wieder nach Deutschland zurückgekehrt sind.“

Quelle: Sora

Bundespresseamt
Dorotheenstraße 84
10117 Berlin

21.11.2025

Bitte um Einordnung der Äußerung des Bundeskanzlers zu Belém (COP) unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Regierungssprechers

Sehr geehrte Damen und Herren,

nach seiner Rückkehr von der Weltklimakonferenz äußerte der Bundeskanzler öffentlich:

„Ich habe einige Journalistinnen und Journalisten, die mit mir in Brasilien waren, vergangene Woche gefragt: Wer von euch würde denn gern hierbleiben? Da hat keiner die Hand gehoben.“

Inzwischen hat Regierungssprecher Stefan Kornelius diese Aussage dahingehend eingeordnet, der Bundeskanzler habe damit „nicht Brasilien abwerten wollen“, er habe lediglich betont, „dass wir in einem der schönsten Länder der Welt leben“ und die Reise nach Brasilien sei „sehr positiv“ gewesen.

Ich bitte dennoch um eine offizielle Einordnung des Bundespresseamtes aus folgenden Gründen:

  1. Die vorliegende Argumentation greift nicht den Kern der Irritation auf.
    Die Aussage des Bundeskanzlers steht im unmittelbaren Kontext einer Frage darüber, wer in Brasilien bleiben wolle. Die implizite Wertung entsteht also durch die konkrete Gegenüberstellung, nicht durch einen isolierten Satz über Deutschland. Eine nachgelagerte positive Bewertung Brasiliens ändert daran nichts.
  2. Die Formulierung erinnert in ihrer Struktur an international bekannte Abwertungsrhetorik.
    Ohne den Vergleich auszuschlachten: Die spontane Assoziation vieler Menschen – auch bei mir – war die abfällige Wortwahl von Präsident Trump über „shithole countries“. Entscheidend ist nicht, ob der Bundeskanzler diese Absicht hatte, sondern dass die Aussage diplomatisch so fehlkalibriert ist, dass sie in diese Nähe gerückt werden kann.
  3. Die bisherige Stellungnahme beantwortet die Frage nach diplomatischem Schaden nicht überzeugend.
    Mehrere brasilianische Medien und Vertreter öffentlicher Institutionen haben die Äußerung klar kritisiert. Dass der Bundeskanzler „keinen diplomatischen Schaden“ sehe, ist nachvollziehbar, aber für die Bewertung durch die Bundesregierung kein belastbarer Maßstab.

Vor diesem Hintergrund bitte ich das Bundespresseamt um:

  • eine offizielle Bewertung, ob die Äußerung mit der außenpolitischen Kommunikationsverantwortung eines deutschen Regierungschefs vereinbar ist,
  • eine klare Aussage, ob die Bundesregierung die Formulierung im Nachhinein als unglücklich, missverständlich oder unangebracht ansieht,
  • eine Darstellung, ob gegenüber der brasilianischen Seite intern oder extern kommuniziert wurde oder wird, um den entstandenen Eindruck zu korrigieren.

Ich bitte um schriftliche Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Günther Klebinger

Günther Klebinger
Würzburg

27.11.2025

Betreff: Ihr Schreiben vom 21.11.25

Sehr geehrter Herr Klebinger,

vielen Dank für Ihr Schreiben zur Äußerung von Bundeskanzler Merz bezüglich der Stadt Belem.

In der Regierungspressekonferenz vom 19. November 2025 äußerte sich der Regierungssprecher, Herr Komelius, bezüglich der Äußerungen des Bundeskanzlers auf dem Handelskongress in Berlin wie folgt:
„Lassen Sie mich vielleicht noch etwas zu dem Satz, der als inkriminierend dargestellt wird, sagen. Die Bemerkung bezog sich im Kern auf den Wunsch der Delegation, nach einem sehr anstrengenden Nachtflug und einem langen Tag in Belem die Rückreise anzutreten. Wenn der Bundeskanzler sagt, wir lebten in einem der schönsten Länder der Welt, dann heißt das nicht, das andere Länder nicht auch sehr schön sind. Aber ich glaube, dem deutschen Bundeskanzler steht es ganz gut an, wenn er Deutschland auch als eines der schönsten Länder der Welt bezeichnet.“

Die gesamte Regierungspressekonferenz vom 19. November 2025 können Sie unter https://www.bundesregierung.de/bregde/suche/regierungspressekonferenz-vom-19-november-2025-2394862 nachlesen.

Mit freundlichen Grüßen

im Auftrag

IP

Bundespresseamt
Dorotheenstraße 84
10117 Berlin

01.12.2025

Ihre Antwort vom 27.11.2025 – Bitte um Beantwortung meiner eigentlichen Fragen

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihre Antwort vom 27.11.2025 sowie den Verweis auf die Regierungspressekonferenz.
Der dort zitierte Absatz ist mir bekannt. Leider beantwortet er aber keine der Fragen, die ich in meinem Schreiben formuliert hatte.

Mein Anliegen bezog sich nicht darauf, die bereits veröffentlichte Stellungnahme wiederzugeben, sondern auf eine Bewertung durch das Bundespresseamt:

  1. ob die Äußerung des Bundeskanzlers im Kontext einer internationalen Klimakonferenz mit der außenpolitischen Kommunikationsverantwortung vereinbar ist,
  2. ob die Bundesregierung die Formulierung – angesichts der Reaktionen in Brasilien – als missverständlich oder unangebracht einstuft,
  3. und ob es gegenüber der brasilianischen Seite eine Klarstellung gab oder geben wird.

Die von Ihnen zitierte Passage beantwortet diese Punkte nicht. Sie beschreibt lediglich, wie der Regierungssprecher den Satz im Nachhinein interpretiert, geht aber nicht auf die Wirkung der Aussage, die öffentliche Kritik in Brasilien oder die diplomatische Ebene ein.

Aus meiner Sicht bleibt daher weiterhin unklar, ob die Bundesregierung den entstandenen Eindruck als problematisch erkennt und ob entsprechende kommunikative Schritte unternommen wurden.

Ich bitte daher erneut um eine Beantwortung der oben genannten Fragen.

Mit freundlichen Grüßen

Günther Klebinger

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